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SVI 10. août 2021 0 Comments

Als am 16. Jänner 2018 die Europäische Kommission ihre Kunststoffstrategie vorstellte, sah der damalige Vizepräsident Jyrki Katainen darin eine große Chance für die europäische Wirtschaft: „This is a great opportunity for European industry to develop global leadership in new technology and materials“. Neue Materialien für einen nachhaltigen Kunststoffeinsatz?

Patrick Semadeni, CEO Semadeni Plastics Group, Vorstand SVI.

Dass wir zu viele Ressourcen verbrauchen, ist allgemein bekannt. Diese Tatsache ist umso beunruhigender, als dass die globale Bevölkerung nach Einschätzung der Vereinten Nationen weiter ansteigen wird, bis hin zu einer zweistelligen Milliardenanzahl. Dazu kommen weitere dringende Umweltprobleme, allen voran der Klimawandel, der unsere Existenzgrundlagen massiv gefährdet.

Ressourceneffizienz und Klimaschutz

Nachhaltiger Materialeinsatz muss also sowohl der Ressourceneffizienz genügen, als auch dem Klimaschutz. Gerade letzterer Punkt wird beim Ruf nach Substitution von Kunststoffen durch andere Werkstoffe leider oft übersehen. Denn gerade Kunststoffe tragen wesentlich zum Klimaschutz bei – beispielsweise durch Reduktion von Food Waste, weil die Verpackungen das Füllgut wirksam schützen, sowie durch ihr leichtes Gewicht und den vergleichsweise tiefen Schmelzbereich. Beiden Imperativen – Ressourceneffizienz und Klimaschutz – wird mit kreislauffähigen Kunststoffprodukten und -materialien genüge getan. Doch nun zur Kernfrage: brauchen wir dazu neue Materialien? Diese Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten. 

Was dagegen spricht

Aus Sicht des Recyclings streben wir eine Reduktion der Komplexität sowohl beim Material, bei den Additiven sowie beim Design an. Ziel ist es, möglichst große Anteile aus den Kunststoff-Abfallströmen dem mechanischen Recycling zuzuführen. Dieses Unterfangen wird einfacher, wenn wir signifikante Mengen an mehr oder weniger homogenen Abfallfraktionen haben. Die Praxis zeigt, dass selektive Separatsammlungen zu hohen Recyclingraten führen. Als Beispiele seien die verschiedenen Sammlungen von PET Getränkeflaschen genannt. Bei Fraktionen aus gemischten Kunststoffsammlungen, die sich nicht dem mechanischen Recycling zuführen lassen, erweist sich das chemische Recycling als vielversprechende Option. Mittels Thermo- oder Solvolyse sowie weiteren Verfahren werden Kunststoffe in ihre Monomere aufgeteilt. Additive und sonstige Substanzen wie zum Beispiel NIAS oder sonstige Kontaminanten können abgeschieden werden. Gewonnene Monomere lassen sich dann wieder zu Kunststoffen repolymerisieren. Die mit diesen Verfahren hergestellten Kunststoffe unterscheiden sich hinsichtlich Struktur und Qualität nicht von Neuware und lassen sich dementsprechend gut im regulierten Bereich – etwa als Food Contact Materials – verwenden. Erste Anlagen sind bereits in Betrieb für Polyolefine und Polyester, weitere Milliardeninvestitionen wurden von Rohstoffherstellern angekündigt. Technisch sind wir also bereits heute in der Lage, die bestehenden Kunststoffe weitgehend im Kreislauf zu halten.

Was dafür spricht

Das EU-Klimagesetz schreibt ein klimaneutrales Europa bis 2050 vor. Das wird nicht ohne sogenannte NET (Negative Emissions Technologies) gelingen, da immer ein Sockel an nicht vermeidbaren Treibhausgasemissionen verbleiben wird. Hier können Kunststoffe als CO2 Speicher wirken, indem für dauerhafte Produkte Rohstoffe eingesetzt werden, deren Building Blocks aus biogenen Quellen gewonnen wurden. Wenn dann am Ende der Lebensdauer dieser Produkte nach x-Jahren, das bei der Verbrennung entstehende CO2 abgeschieden und als Grundstoff für Chemie, Pharma etc. verwendet wird, dann erzielen wir mit dem Kunststoffeinsatz negative Treibhausgasemissionen. 
Zu erwähnen sind natürlich auch die kompostierbaren Kunststoffe, welche für gewisse Produktekategorien wie Teebeutel oder Kaffeekapseln Sinn machen. Somit hat beides seinen Platz in einer nachhaltigen Zukunft: die bestehenden Materialien, aber auch neue Materialien aus biologischem Feedstock. Beide Felder bieten weiterhin viel Platz für Innovationen, genauso wie sich das Jyrki Katainen vorgestellt hat.

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