LIEFERKETTENSORGFALTSPFLICHTGESETZ DEUTSCHLAND
August 2023
Dirk Schönrock
Seit dem 1. Januar 2023 gilt in Deutschland das so genannte Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz LkSG. Nicht nur das Wort ist ein Ungetüm, das Gesetz ist es auch. Und es wird noch schlimmer kommen, da Brüssel den neuerlichen Unsinn aus Deutschland für die EU-Ebene ab 2024 übernehmen will. Das Schweizerische Verpackungsinstitut legt hier kurz dar, worum es geht und was auf Schweizer Unternehmen zukommen wird.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes verpflichtet deutsche Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern dazu, entlang ihrer gesamten Lieferketten für die Einhaltung von Menschenrechten und bestimmter Umweltpflichten zu sorgen. Um ihren Sorgfaltspflichten im Sine des Gesetzes nachzukommen, müssen Unternehmen eigene Risikomanagementsysteme einrichten, mit denen menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken erkannt und im besten Fall verhindert oder beendet werden sollen. Teil dieses Risikomanagementsystems ist eine Risikoanalyse, mit der die Risiken ermittelt und priorisiert werden sollen. Das deutsche Gesetz betrifft zunächst vor allem grosse Unternehmen. Die vorgegebenen Pflichten könnten von diesen aber auch an kleine und mittelständische Unternehmen in der Lieferkette weitergegeben werden. Zudem treten die gesetzlichen Pflichten für Unternehmen zum Schutz von Kindern, Umwelt und Menschenrechten entlang der Lieferkette stufenweise mit teils gravierenden Auswirkungen in Kraft. Es werden zahlreiche menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten eingeführt, deren Nichtbeachtung Zwangs- und Bussgelder zur Folge haben – auch der Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren droht. KMU sind zwar nicht die unmittelbaren Adressaten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, sind aber mittelbar davon betroffen, da ihre Kunden nach eine entsprechende Lieferantenauswahl treffen und daraus entstehende Pflichten auf sie als Teil der Lieferkette übertragen werden.
Das Gesetz ist ein weiteres deutsches Bürokratiemonster in einer schier endlos langen Kette der deutschen Regulierungswut, die in aller Regel nur ausländischen, vor allem fernöstlichen Konkurrenten nutzt. Überflüssig zu betonen, dass davon aber auch Importe aus der Schweiz betroffen sind. Die ganze Thematik wird nun allerdings noch komplizierter, da praktisch jeder Unsinn aus Deutschland auch irgendwann den Weg auf die EU-Ebene findet. Brüssel plant ebenfalls, ein Lieferkettengesetz alsbald zu verabschieden und schon für 2024 in Kraft zu setzen. Nach dem aktuellen EU-Richtlinienentwurf werden deutlich mehr Unternehmen betroffen sein als vorerst durch die deutsche Rechtsauslegung im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes festgelegt sind: Die EU will ein Lieferkettengesetz erlassen, dem alle Unternehmen ab 250 Mitarbeiter unterworfen sind. Im Juni 2023 begann die EU mit den so genannten Trilog-Verhandlungen zu diesem Gesetzentwurf. Das sind die entscheidenden Gespräche, um aus einem vermeintlich gut gemeinten auch ein gut gemachtes Gesetz zu machen. Ziel der EU ist die absurde Vorstellung, überall auf der Welt ihre Vorstellung von Menschenrechten durchzusetzen. In der Praxis werden aber vor allem die einheimischen kleinen und mittleren Unternehmen mit völlig überhöhten Anforderungen konfrontiert. Anforderungen, die letztlich nur dazu führen werden, dass sie sich ganz aus vielen Märkten zurückziehen und Wettbewerber aus anderen Ländern mit niedrigeren Standards dort den Takt vorgeben.
Wer als Exporteur nach Deutschland und in andere EU-Länder vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz betroffen ist, muss sich mit folgenden Fragen auseinandersetzen: Wie lassen sich menschen- und umweltrechtliche Risiken in der eigenen Lieferkette überblicken und gegebenenfalls reduzieren? Wie lässt sich herausfinden und bewerten, ob direkte oder indirekte Geschäftspartner in Kinder- oder Zwangsarbeit in einem anderen Land involviert sind und welche Handlungen folgen für das eigene Unternehmen daraus? Was ist zu tun, wenn Massnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz im Sinne des Gesetzes über die Schweizer Richtlinien hinaus gefordert werden? Wer im eigenen Unternehmen ist für die Einhaltung des Lieferkettengesetzes im Unternehmen zuständig (Rechtsabteilung, Compliance oder Sustainability Department)? Welche Massnahmen und Prozesse sollten diese Unternehmensverantwortliche zeitnah angehen? Welche Auswirkungen sind für Schweizer KMU zu erwarten? Wer auf all diese Fragen keine Antworten hat, sollte zumindest abklären, ob man noch überhaupt noch nach Deutschland und bald auch in die EU liefern darf, ohne sich dem Risiko einer Anzeige oder einer Busse auszusetzen.
Autor: Schweizerisches Verpackungsinstitut SVI